Mitgliederversammlung als Videokonferenz

Diese Zeiten, die es uns verbieten, uns direkt zu treffen, bringen auch neue Möglichkeiten mit sich: So war der Bundesvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Dr. Norbert Walter-Borjans, für fast 1,5 Stunden per online-Schaltung zu Gast in unserer ersten virtuellen Mitgliederversammlung, um mit uns über seine Einschätzung zur kommenden Bundestagswahl zu reden.

Zunächst jedoch berichtete der OV-Vorsitzende Thomas Mildenberger aus der Ortsvereinsarbeit seit der letzten Mitgliederversammlung. Trotz der Pandemie, passiert gerade recht viel in unserem Veedel, auch wenn das meiste noch nicht zu einem zufriedenstellenden Abschluss gebracht wurde:

 Vom Marktplatz, dessen Ausbau sich plötzlich verzögert, weil die Verwaltung neue Vorgaben, die sie nicht eingeplant hatte, "entdeckt" hat. Vom Thurner Hof, dessen Fertigstellung und Neuvermietung deutlich näher gerückt ist. Die Pläne, die Areale zwischen der Bergisch Gladbacher Straße und der S-Bahn neu zu "entwickeln". Aber auch von der Gefahr, die unserem einzigen kommunalen Krankenhaus im Bezirk Mülheim, dem Krankenhaus Holweide, durch die Ratsmehrheit von Grünen/CDU/Volt droht: Es soll geschlossen werden; lediglich eine kleine geriatrische Station und einige Belegbetten sollen übrigbleiben: das wollen wir nicht!

Er berichtete auch von der online-Klausur des Ortsvereins, bei der in 2 virtuellen Sitzungen die Schwerpunkte der Arbeit des Ortsvereins durch die Mitglieder entwickelt werden sollten, und zwar in den verschiedensten Bereichen: Klimaschutz, Infrastruktur, Soziales, Arbeit, Gesundheit, Bildung – es wurden Arbeitsaufträge an die Arbeitskreise gegeben. Sogar ein neuer Arbeitskreis wurde gebildet: Der Arbeitskreis Klimaschutz möchte sich diesem viele anderen Bereiche überragenden Thema aus sozialdemokratischer Sicht nähern: Wie schaffen wir es, den Menschen ohne weitere Zersiedelung das Wohnen dort, wo sie gerne möchten, zu Kosten, die sie tragen können, zu ermöglichen? Wie schaffen wir es, die Welt so umzubauen, dass wir das Klima schützen aber die Existenzgrundlage der Arbeit erhalten? Es zeigt sich, dass hier bei gleichem Ziel große Unterschiede zu den Positionen der Grünen existieren: die Lebensgrundlagen für Alle zu erhalten, bei den Sozialdemokraten aber gerecht mit gleichen Chancen für Alle. Gerne nimmt dieser Arbeitskreis weitere Interessierte auf!

Unser Bezirksvertreter im Bezirk Mülheim, Sascha Wichelhaus, berichtete aus seiner Arbeit: das "Aufräumen" aus der letzten Wahlperiode: Beschlüsse, die noch umgesetzt werden müssen, die Schwierigkeiten mit der Stadt Bergisch Gladbach, die sich für das Verkehrsproblem durch die Arbeitspendler aus Bergisch Gladbach nach Köln nicht interessiert. Hier sind weiterhin viel Arbeit und Überzeugung nötig!

Norbert Walter-Borjans, "Nowabo", schaltete sich, wie ausgemacht, um 19.30 Uhr dazu. Er berichtete von den Schwierigkeiten, die die SPD als Teil der Bundesregierung erfährt: Die Leistungen des Regierungsteams ‚Merkel‘ werden nicht der SPD zugerechnet, obwohl sie zu großen Teilen von ihr erbracht werden. Die Wechselstimmung wiederum kommt fast ausschließlich den Grünen zugute. Er zeigte Bereiche auf, wo die SPD noch besser werden müsse: Unter anderem muss sie Profil zurückgewinnen in Bereichen, die nicht immer einfach zu erklären sind. Die Menschen müssen mitgehen können. Wenn wir Politik für die Gegenwart machen, hat das Auswirkungen auch für die Enkel-Generation.

4 Hauptthemen hat das Bundestagswahlprogramm der SPD diesmal, auf die Nowabo in der Folge detaillierter einging: Klimaneutrales Deutschland, Mobilitätssystem, Digitalisierungsinitiative, „Update für die Gesundheit“. Er wies aber auch auf die Ur-Sozialdemokratischen Themen hin, die immer drängender beantwortet werden müssen. So weist der neue Armutsbericht, den Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegt hat, auf eine immer stärkere Verteilungsungerechtigkeit hin: Er macht deutlich, dass Aufstieg in unserem Land, aber auch weltweit und über Generationen hinweg höchst ungerecht vonstattengeht. Eine faire Bezahlung muss möglich sein: Wohlstand und Anstand sind keine Gegensätze! Vor dem Hintergrund des Klimawandels warnte Nowabo, dass die Wirtschaft dringend klimaneutral werden müsse, aber ohne, dass die dazu notwendigen Investitionen zu Lasten ausschließlich des Normalbürgers gehen dürften. Wer jetzt das Einhalten der Schuldenbremse fordere, mache dies auf Kosten der Schulen und der Infrastruktur.

Im Anschluss hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Themen zu platzieren. Die Angst der SPD vor einer mutigen Rentenreform wurde angesprochen. Die unserer Ansicht nach unzureichenden Pläne, was die Verbesserung der Bildungschancen betrifft. Wie tief noch die "Agenda 2010" nachwirkt, welche Fehlentwicklungen sie bis heute zeigt. Auch, wie sehr die Veränderungen im Gesundheitswesen in Richtung auf Kosten-Optimierung den sozialdemokratischen Anspruch auf die optimale Versorgung jedes Patienten bedrohen: Hier muss wieder dringend der Aspekt der Daseinsfürsorge, also das Angebot, ortsnah und umfassend versorgt zu werden, vernehmlich in die Diskussion fließen! Die SPD dürfe keine Scheu haben, Umverteilung von den Reichen in die Gesellschaft zu fordern: Die geforderte "Reichensteuer" treffe nur 5% der Steuerzahler, 95% würden sogar eher entlastet werden.

Nowabo empfahl zum Schluss, das Format der Online-Mitgliederversammlung doch zu nutzen, auch andere, verdiente Sozialdemokraten einzuladen wie zum Beispiel Frank Ullrich (Thüringen, Gegenkandidat zu H.G. Maßen, CDU, der einen solch unseligen Zungenschlag in die demokratische Diskussion bringt). 

Zum Schluss warb unser Mitglied Serge Palasie, der hauptamtlich für "Eine Welt" arbeitet, für die Aktivitäten seiner Organisation, die neu über die folgenden Webseiten erreichbar sind: https://www.nrwspd.de/gruppen/forum-eine-welt-nrw/ und www.klimawende.koeln/